Samstag, 28. November 2020

12. Woche: 25.11.2020

Ich habe nun ein Visum für Israel erhalten! Über diese Freude habe ich erstmal eine Nacht geschlafen und dann einen Flug gebucht. Die Patres in Jerusalem scheinen sich schon zu freuen, der Prior will mich am Flughafen abholen und für die 14-Tägige Quarantäne ist gesorgt. Auch mit dem Papierkram erhielt ich tatkräftige und schnelle Unterstützung. Die Gemeinschaft in Einsiedeln hingegen scheint mich nicht so gerne wieder ziehen zu lassen. Immer wieder kommt mir ein großes ‚Schade!‘ entgegen aber im selben Zug auch Segenswünsche für meine Weiterreise. Von vielen Seiten wird mir zugetragen wie glücklich alle mit meinem Aufenthalt waren, das erfüllt natürlich auch mich mit großer Freude und ich gehe mit einem weinenden und einem lachenden Auge. 

11./12. Woche: 08.11.-25.11.2020

Es zeichnet sich mittlerweile ab, dass ich nach Israel weiterreisen kann, ich habe zumindest einmal ein Visum beantragt. Angesichts einer Abreise beginne ich ein wenig zu reflektieren. Das Kloster Einsiedeln ist für mich zu einer Heimat geworden, die Menschen sind mir ans Herz gewachsen. Ich habe an einen Ort von sehr großem Kulturreichtum gelebt. Diese Fülle an Kultur beginnt aber nicht bei den vielen, alten Gemälden, oder bei Vivaldi, der Sonntags zum Mittagessen gespielt wird. Sie beginnt bei den menschlichen Werten die diesem Ort, beziehungsweise den Menschen hier, innewohnen. Achtsamkeit steht da ganz oben auf der Liste, gefolgt von Warmherzigkeit, Offenheit und Vorurteilslosigkeit. Die Gebete mit ihrem atmenden, ruhigen aber auch manchmal drängenden Puls schaffen dieser Kultur einen Rahmen, der von Zeit zu Zeit anstrengend, aber meist eher einbettend und tragend wirkt. Natürlich nicht vom ersten Tag an. Anfangs waren die Gebete für mich eher viele Programmpunkte am Tag. Es hat die drei Monate, welche ich jetzt hier war, gedauert, bis die Gebete zu einem Aufatmen und Besinnen geworden sind und das verändert sich in Israel bestimmt noch weiter. Zu dieser inneren Bereicherung gesellt sich noch die äußere Bereicherung. Ich habe ein neues Land für mich entdeckt und das, wie ich finde, recht ausführlich. Wir haben viele Ausflüge unternommen, in der näheren Umgebung der Klosters, aber auch weit darüber hinaus. Auch wenn die Schweiz für mich nur ein Zwischenstopp bzw. ein Provisorium war, so habe ich doch eine wirklich tolle Zeit gehabt.

10. Woche: 27.10.-08.11.2020

Wir nutzen die letzten Tage des Jahres mit angenehmen, sonnigen Wetter voll aus. Mit einem Frater und einem Kandidaten haben wir eine kleine Radtour auf einen Berg/ Hügel am Zürichsee gemacht, auf welchem uns eine tolle Aussicht in fast alle Himmelsrichtungen geboten wurde. Auch die ausgedehnten Spaziergänge auf die Hausberge Einsiedelns genoss ich sehr, landschaftlich liegt das Kloster wirklich in einer tollen Gegend. An der frischen Luft gibt es auch einiges an Arbeit für uns, der Herbst hat die klösterlichen Böden nämlich mit tonnenweise Laub gesegnet, welches nicht dort bleiben soll. Also schwingen wir im Moment ziemlich oft den Rechen.

Hier im Kloster wurde mir auch zum ersten Mal in meinem Leben zum Namenstag gratuliert (bisher habe ich nur meinen Geburtstag gefeiert, der hat im Kloster allerdings weniger Bedeutung). Überall wo ich auf Mönche traf, kamen mir Glückwünsche entgegen. Einer der Mönche hat gesagt, würden Simon und ich Kutten tragen, wir würden uns garnicht mehr von Ihnen unterscheiden. Und ich finde das trifft nicht nur auf das Äußerliche zu und auf den Fakt, dass wir an (fast) allen Gebeten teilnehmen, sondern auch auf die unglaubliche Integration in die Gemeinschaft. Ein Merkmal dieser Integration ist, dass mein Namenstag genau wie der eines Mönches zelebriert wurde. In der Messe wurden mir Segenswünsche in den Fürbitten ausgesprochen, beim Mittagessen stand ein Ehrenwein und Schokolade an meinem Platz und man prostete mir fröhlich zu. Diese kleinen Aufmerksamkeiten haben mir wirklich Freude bereitet und ich bin sehr dankbar für die Menschen mit denen ich hier ein paar Monate leben darf.

Sonntag, 8. November 2020

8./9. Woche: 15.10.-27.10.2020

Die Temperaturen sinken und die Corona-Fallzahlen steigen. Somit gab es schon den ersten Schnee (ein kurzes Vergnügen) und während der Gebete eine Maskenpflicht (leider kein kurzes Vergnügen). An das Anfangs etwas komische Gefühl vom Gebet mit Maske gewöhnten wir uns aber alle schnell. 

Wieder gab es eine spezial-Aufgabe: Das Kloster hat auf seinem großen Vorplatz einen Info-Pavillion eingerichtet, ich bekam die Aufgabe von einigen Mitbrüdern eine Videobotschaft aufzunehmen, welche dann, auf Bildschirmen im Info-Pavillion, von den Besuchern angeschaut werden können. Durch das Equipment, welches ich vom IT-Bruder bekommen habe, konnte ich mit Professionalität und Qualität glänzen. Es haben sich neun Mönche für ein Video gemeldet, jedes hat seine eigene, schöne Geschichte und Botschaft. Und das bei jeweils nur weniger als einer Minute Dauer. 

Es stand außerdem wieder ein Ausflug des Fraterstocks an, diesmal mit zwei neuen Gesichtern: das Kloster hat nämlich zwei Kandidaten aufgenommen. Diesmal fuhren wir nicht ganz so weit weg (letztes Mal ging es ja ins Tessin), wir fuhren zur Stätte des Schweizer Nationalheiligen, Bruder Klaus, nach Flüeli-Ranft. Wieder ein großartiger Ausflug mit perfektem Wetter, einem sehr inspirierenden Heiligen und wirklich schönen Kapellen (ich bekomme manchmal das Gefühl von der Schweiz hauptsächlich Kirchen und Kapellen zu sehen, aber damit ist eigentlich zu rechnen wenn man mit Ordensleuten reist). Der Ausflug gab Gelegenheit die beiden Kandidaten näher kennenzulernen. Ich bin immer noch zutiefst beeindruckt von der Entscheidung mit 22 Jahren in ein Kloster einzutreten. Ich habe mich oft gefragt wie das wäre wenn ich in ein Kloster eintreten würde, ich bin ja in einem ähnlichen Alter. Ich konnte mich mit dem Gedanken zwar nicht ganz anfreunden, ausgeschlossen habe ich ihn aber auch nicht.

6./7. Woche: 01.10.-15.10.2020

Mittlerweile habe ich mich sehr an das Gebet jeden Tag gewöhnt, ich muss nicht mehr jedes Mal drüber nachdenke wo ich das Buch aufschlage und wie das jeweilige Gebet funktioniert, auch habe ich mich sehr an die Schönheit der Gebete gewöhnt. Ich kann mich jetzt voll dem Wesen des Gebetes und der Meditation widmen, das tut mir gut und schafft nach der Arbeit oder anderen Aktivitäten immer wieder eine Besinnung und Rückkehr zu mir selbst. Natürlich gibt es auch Tage an welchen ich mich nicht vollständig konzentrieren kann, aber im Großen und Ganzen hat mich der Rhythmus mit einer größeren inneren Ruhe erfüllt. Auch ist es eine Wohltat wie sehr man im Kloster aus dem Trubel und dem Lärm der Welt aussteigen kann wenn man möchte. Es ist wie eine kleine Insel der Ruhe.

Trotzdem bin ich über die gelegentlichen Ausreißer aus dem Gebet und das Verlassen der dicken Klostermauern froh und freue mich jedes Mal die schöne Welt drumherum zu entdecken.

Vor kurzem habe ich einen Pater ins Krankenhaus zu einer Untersuchung gebracht und konnte anschließend noch den Ort am Zürichsee genießen in welchem das Krankenhaus ist, ich habe es mir auch nicht nehmen lassen anschließend über die landschaftlich sehr ansprechende Landstraße, anstatt über die schnellere Autobahn zurück zu fahren.

Ein paar Tage später hatten Simon und ich dann einen sehr speziellen Auftrag. Wir durften das kompositorische Gesamtwerk eines Paters (vier große Kisten mit Noten) zur Archivierung und Digitalisierung nach Bern, in die Schweizer Nationalbibliothek, bringen. Auf der Hinreise fuhren wir einen sehr belohnenden Umweg um die landschaftlichen Vorzüge der Zentralschweiz genießen zu können. Nachdem wir unsere Arbeit erledigt hatten, haben uns ein wenig Bern angeschaut (eine wirklich schöne Stadt, die sehr zum verweilen einlädt) und sind anschließend in die Französische Schweiz gefahren um uns das Kloster in Payerne, welches uns sehr empfohlen wurde, zu Gemüte zu führen. Architektonisch ist dieses alte, karge, romanische Gebäude ein starker Kontrast zur riesigen, prunkvollen und künstlerisch beladenen Barockkirche vom Kloster Einsiedeln. Wir waren uns beide einig, dass wir die Kirche in Payerne lieber hätten. Trotzdem freuten wir uns am nächsten Tag wieder im heimatlichen Chorgestühl zu beten.

30.-34. Woche: 12.03.-10.04.2021

Meine Zeit in Jerusalem neigt sich langsam dem Ende zu. Nach Ostern werde ich nach Tabgha, in den Norden Israels, wechseln. Arbeitstechnisch...